Harald Schneider

Mehrsprachigkeit in der Schweiz – Vorbild oder Auslaufmodell?

Inhaltsverzeichnis

1.    Ausgangslage

2.    Mehrsprachigkeit in der Schweiz

3.    Mehrsprachigkeit in Österreich

4.    Die English Only Bewegung in den USA

5.    Schlussfolgerungen und Ausblick

6.    Literatur und Web-Quellen

 

1.         Ausgangslage

Der vorliegende Aufsatz geht der Frage nach, wie sich Mehrsprachigkeit in den Ländern Schweiz, Österreich sowie den Vereinigten Staaten von Amerika entwickelte. Dabei wird die (Fremd-)Sprachensituation in der Schweiz und in Österreich in Schule und Gesellschaft zunächst historisch betrachtet und der Frage unterworfen, ob und wenn ja, in welcher Form die Schweiz im Allgemeinen bzw. der Kanton Graubünden im Besonderen als Vorbild für ein europäisches Mehrsprachigkeitsmodell taugen. 

Beim Vergleich der Schweiz mit dem Nachbarland Österreich und der Besiedelungs- und Migrationsgeschichte wird schnell deutlich, dass diese beiden Länder unterschiedliche historische Entwicklung durchmachten. Der Kanton Graubünden allerdings bietet einen lohnenden Vergleich mit den österreichischen Bundesländern Kärnten und dem Burgenland mit ähnlichen Voraussetzungen für Mehrsprachigkeit.

Ein dritter Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit stellen schliesslich die (bildungs-)politischen Besonderheiten zur Mehrsprachigkeit bzw. der Absenz derselben in den Vereinigten Staaten dar. Dabei werden insbesondere die Ausprägungen der English Only und des English Plus Movements in den USA beschrieben.

  

2.         Mehrsprachigkeit in der Schweiz

Für Ausländer erwecken die Schweizer den Eindruck, stolz auf ihre Mehrsprachigkeit zu sein. Dazu soll im Folgenden ein kurzer geschichtlicher Abriss gegeben werden. Der Beginn der Mehrsprachigkeit in der Schweiz wird im Frühmittelalter (um 700) angesetzt (vgl. Schläpfer & Bickel, 2000). Davor war die Schweiz einsprachig. Diese Sprache -- die Lingua Franca -- war Latein. Dabei handelte es sich bei der Besiedelung der Römer nicht um eine gewaltsame Romanisierung der ansässigen Kelten, denn die römischen Eroberer betrachteten Latein als eine (kulturell) überlegene Sprache, die man den Untertanen keineswegs aufzwingen musste. Latein genoss sehr hohes Sprachprestige, was zu in der Folge zu einem Sprachwechsel vom Keltischen zu Latein führte. Dennoch liegt hier der Ursprung der Mehrsprachigkeit in der Schweiz. Als es dann in Folge der Völkerwanderungen zu Assimilationsprozessen aus dem Süden und Osten kam, lässt sich bereits konturenhaft die heutige Schweizer Sprachenlandschaft erkennen (Haas in Schläpfer & Bickel, 2000).

 

Abb. 1 Die Besiedelung der Schweiz; (Schläpfer & Bickel, 2000: 43)

 

Beim Vergleich von Latein (der damaligen Lingua Franca) mit der heutigen Lingua Franca – Englisch ist festzuhalten, dass die Schweizer diese Sprache heute freiwillig lernen (vgl. Haas, in Schläpfer & Bickel, 2000). Ähnlich wie damals, als man Lateinkompetenzen haben musste, sind heute Englischkompetenzen erforderlich, um Erfolg zu haben. 

Es wird vermutet, dass in der spätrömischen Zeit (4./5. Jahrhundert) sämtliche Menschen, die auf Schweizer Gebiet lebten, Latein sprachen (vgl. Büchi, 2018). Allerdings begann sich der lateinische Sprachraum schon damals in unterschiedliche Dialekträume aufzuteilen, aus denen die heutigen romanischen Sprachen (Alpinlombardisch, Bündner Romanisch, franko-provenzalische Dialekte) hervorgegangen sind. Die ersten Germanen, die sich im 5. Jahrhundert in der Westschweiz niederliessen, waren Burgunder. Dies geschah aber nicht auf kriegerische, sondern auf friedliche Art. Hintergedanke dieser Überlegungen der Römer war, dass dies zur Sicherung der Reichsgrenzen beitragen könnte. Damit gelangte ein Teil der Burgunder in die heutige Romandie, und mit ihnen auch ihre germanische Sprache.

Mit gelebter Mehrsprachigkeit war es allerdings nicht allzu weit her, denn die Burgunder übernahmen rasch die Sprache der römischen Bevölkerung.

Nach dem Zerfall des Römischen Reichs -- vermutlich vom Ende des 6. bis zum 8. Jahrhundert -- wanderten von Norden her alemannische Siedler ein, und brachten, wie zuvor die Burgunder in der Romandie, ihre germanische Sprache mit. Die Entstehung der Deutschschweiz erfolgte friedlich, denn die Alemannen liessen sich meist in unbewohnten oder von der romanischen Bevölkerung verlassenen Gegenden nieder. Aber anders als die Burgunder hielten sie an ihrer Sprache fest und liessen sich nicht romanisieren. Das östliche Mittelland wurde germanisiert – oder vielmehr alemannisiert. Daraus lässt sich folgendes provokantes Fazit ziehen:

 

Die deutsch-welsche (romanische) Sprachgrenze ist ein Produkt unterschiedlicher Migrationsprozesse. Eine deutsche Schweiz gibt es nur, weil ein Teil der germanischen Immigranten, die in der Völkerwanderungszeit kamen, sich nicht assimilieren wollten. (vgl. Haas, in Schläpfer & Bickel, 2000:44-45; 66 ff.)

 

Die Alemannen sahen im Erlernen von Latein nun offenbar keinen Mehrwert mehr.

Zur (offiziellen) Mehrsprachigkeit in der Schweiz gehören neben Deutsch und Französisch bekanntlich auch Italienisch und Rätoromanisch. Doch mittlerweile sprechen mehr Menschen in der Schweiz Portugiesisch als Rätoromanisch. Dass Sprachenvielfalt bzw. Plurilingualismus durchaus problematisch sein können, wird insbesondere in der Schweiz, die häufig als Prototyp gelebter europäischer Mehrsprachigkeit und somit als Vorbild gesehen wird, deutlich. Das übergeordnete, kommunikative Postulat der «Ressource Mehrsprachigkeit» wird nicht von jedem Schweizer mitgetragen, und nicht jeder Deutschschweizer oder Romand sieht Italienisch als Teil der gesamtschweizerischen Identität. Mitunter wird den Proponenten der Schweizer Mehrsprachigkeit unterstellt, der praktizierte, minimalistische Sprachenpluralismus führe zu einem «a little bit of everything, but nothing right». Dazu soll an anderer Stelle ausführlicher eingegangen werden (English Only). Was Rumantsch Grischun anbelangt, so behaupten nicht wenige, zumindest hinter vorgehaltener Hand, dass diese Varietät ohnehin dem Sprachtod geweiht sei.

Die Schweiz ist kein Einzelbeispiel von Mehrsprachigkeit und taugt auch nicht als melting pot, oder als pot that would not melt, sondern vielmehr als pragmatisches Exempel sprachlicher Minderheiten im Lichte globalisierender Entwicklungen, in welcher Englisch vielfach als Bedrohung eben dieser Mehrsprachigkeit (insbesondere für Italienisch und Romanisch -- Rumantsch Grischun) wahrgenommen wird. Wie mehrsprachig sind die Schweizer nun wirklich? Dazu hält Haas (2000) fest: 

 

Schweizerinnen und Schweizer haben den Ruf, sprachgewandt zu sein. Tatsächlich spricht jeder Schweizer bzw. Schweizerin im Schnitt zwei Fremdsprachen. Doch so etwas wie "Sprachbegabung" existiert nicht. Alle können eine Sprache lernen. Die Schweizer lernen sie, weil sie müssen (vgl. Haas 2000: 210) 

 

Dahinter steht die Überlegung, neben Italienisch in der Schweiz auch die Vermittlung der vierten Schweizer Landessprache, Rätoromanisch, zu verankern. Im Vordergrund soll der kommunikative Nutzen und nicht grammatische Perfektion stehen. Ein differenzierteres bzw. kritischeres Bild zum Befund der Schweizer Mehrsprachigkeit zeichnet Zehender (2017) wenn er festhält, dass vier Sprachen, vier Kulturen, ein Bund gleichberechtigter Staaten [sic] (die Schweiz) ein löcheriges Mäntelchen darstellen. Als Beispiel führt er dazu den Deutschschweizer Kanton Thurgau an… 

 

[…] wo Französisch «bloss eine lästige Pflicht wie der Nothelferkurs für den Lernfahrausweis ist» … Sie (die Thurgauer – sic!) wollen nichts mehr wissen von Frühfranzösisch: Der Thurgauer Grosse Rat hat entschieden, dass die französische Sprache den Thurgauern Kindern erst in der Oberstufe zugemutet werden kann. Stattdessen wird in der Primarschule Frühenglisch gelernt. (Zehender, 2017:1)

 

Eine ähnliche Situation trifft im Übrigen auch auf die Kantone St. Gallen und Zürich zu -- beide Vorreiter im Bereich Early English. Dieses Dilemma zeigt sich besonders in Wirtschaftsbereich der Telekommunikation:

 

Dass die Swisscom einen englischen Namen trägt, zeigt schon äusserlich, wie sehr sie der Landesintegration und den Landessprachen den Rücken gekehrt hat. (Zehender, 2017:2)

 

In diesem Zusammenhang wird häufig die schleichende Anglisierung der Schweiz auf Kosten der «Kultursprache Französisch» beklagt.

Ist ja auch logisch. Die Zukunft liegt nun mal nicht in Milch, Lait, Latte, sondern in Computer, Handy, Internet. Mehr als 42,6% der Schweizer Bevölkerung über 15 Jahre sprechen zwar regelmässig mehr als eine Sprache – immer häufiger ist das aber Englisch.  (Zehender, 2017:2)

Zehender konstatiert schliesslich, dass die Schweiz …

 

[…] heute kulturell stärker mit den gleichsprachigen Nachbarländern verbunden ist als mit den anderssprachigen Landesteilen. (Zehender, 2017:2)

 

Koydl (2014) zeichnet ein noch düstereres Szenario. Er macht dafür die Schulreformer und Politiker der Deutschschweiz verantwortlich: 

 

Vor Kurzem hat das Parlament des Kantons Schaffhausen beschlossen, in Grundschulen nur noch eine Fremdsprache zu unterrichten. Heute sind es zwei, Englisch und Französisch, doch nach dem Stand der Dinge wird Französisch wegfallen, da Englisch als wichtiger für den internationalen Diskurs erachtet wird. (Koydl, 2014:1)

 

Bildungspolitisch hat dies in sämtlichen Kantonen der Schweiz, insbesondere aber im offiziell dreisprachigen Graubünden, zu einem kontroversen Diskurs geführt. Dies gipfelte in Volksinitiativen zur Beschränkung auf eine Fremdsprache in der Primarschule bzw. in der Argumentation, dass viele Kinder mit zwei (Fremd-)Sprachen überfordert seien. Damit untrennbar verbunden ist naturgemäss die Frage, welche Fremdsprache in der Primarschule zuerst unterrichtet werden soll. Die Bevölkerung des Kantons Graubünden entschied im Jahr 2004 (, dass dies eine Landessprache (Italienisch oder Romanisch) sein müsse, vor Englisch, das dann ohnehin problemlos in der Oberstufe gelernt werden könne (vgl. https://gr-d.lehrplan.ch/index.php?code=e%7C1%7C2).

 

Damit wird suggeriert, bei Englisch handle es sich um eine «leichte» Fremdsprache und junge Lerner wären ja im alltäglichen Gebrauch ständig mit Englisch konfrontiert. Noch haben nicht alle Schweizer Kantone das Harmos-Konkordat mit zwei Fremdsprachen in der Primarschule umgesetzt. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass das Thema Mehrsprachigkeit in der Schweiz mit ihrem föderalistisch ausgelegten Flickenteppich (noch) nicht jenem Aspekt der einigenden Eidgenossenschaft -- so wie es im Verfassungsrang steht -- genüge tut.Auch wenn das Thema Mehrsprachigkeit in der Schweiz politisch und emotional stark aufgeladen ist, scheinen folgende drei Szenarien als unwahrscheinlich. Einerseits die Rückkehr der Schweiz zur (politisch verordneten) Monolingualität und Französisch als erste und einzige Fremdsprache an den Schulen der Deutschschweiz andererseits. Schliesslich ist auch der Kompromiss einer «inoffiziellen fünften Landessprache», nämlich Englisch als einigende Lingua Franca in der mehrsprachigen Schweiz gleichermassen schwer vorstellbar.

 

3.         Mehrsprachigkeit in Österreich

Obwohl Österreich geographisch wie die Schweiz zu Mitteleuropa gehört, kann nicht behauptet werden, dass das Land kulturell eng mit seinen Nachbarstaaten verbunden ist. Dabei müsste die historische Entstehungsgeschichte Österreichs mit der Ausdehnung des einst so mächtigen Habsburgerreichs die entsprechenden Voraussetzungen und den Nährboden für Mehrsprachigkeit geschaffen haben. Doch davon ist heute wenig zu spüren. Im Gegenteil. Insbesondere die Bevölkerungsgruppen aus den ehemaligen Kronkolonien Mittel- und Südosteuropas konnten zur Mehrsprachigkeit Österreichs wenig beitragen, da ähnlich wie später bei der Gastarbeiterbewegung in den 1960er und 1970er Jahren, die Sprachen dieser Menschen als minderwertig betrachtet wurden. Die Migranten aus den ehemaligen jugoslawischen Staaten sind heute mehrheitlich gut integriert. Die Kinder dieser «Gastarbeiter» sind in Österreich geboren und verstehen sich als Österreicher. Die Muttersprache ist für sie Deutsch. Ähnliches gilt für die Flüchtlinge, die nach dem Balkankrieg zu Beginn der 1990er Jahre nach Österreich kamen. Ein unterschiedliches Bild vermitteln mitunter die Gastarbeiterkinder türkischer Herkunft. Die Assimilierung dieser Migranten in zweiter und dritter Generation verläuft holprig bzw. findet überhaupt nicht statt. Dies artikuliert sich etwa im Umstand, dass Volkschulkinder türkischer Herkunft in den Pausen oft nur Türkisch sprechen. Aus diesem Grund wurde 2011 auch die Initiative Türkisch als Muttersprache (Erstsprache/L1) an Gymnasien maturabel zu machen, von der österreichischen Bevölkerung nicht mitgetragen (vgl. Der Standard, 9. Juni, 2011); (https://www.derstandard.at/story/1304554024377/rassismus-der-sprache-oesterreich-tuerkisch-ist-keine-fremdsprache).

 

In vielen Ländern Europas sind die Sprachen der jeweiligen Nachbarländer zumindest Wahlfach für eine Zweitsprache (L2) im schulischen Kontext. Für Österreich würde diese Wahl primär Italienisch, Ungarisch, Slowenisch, Slowakisch, bzw. Tschechisch umfassen. Die schulische Realität sieht jedoch Englisch unangefochten als beliebteste und meistgewählte erste Fremdsprache. Dies war nicht immer so, denn noch vor nicht allzu langer Zeit hatte Französisch diese Position inne. Auch sah man -- zumindest für das klassische humanistische Gymnasium -- Latein als unabdingbare Voraussetzung (alt-)philologischer Bildung an. Mittlerweile hat Spanisch als zweite Fremdsprache (L3) Französisch als Fremdsprache verdrängt. Auch gibt es immer mehr Stimmen aus der Wirtschaft, die einen vertieften Unterricht von Englisch fordern. Auf Kosten anderer Fremdsprachen, versteht sich. Zur Initiative English Only, wie o. a., soll unter Punkt 4 detailliert eingegangen werden. Das Österreichische Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) setzt zum Thema sprachliche Bildung als übergreifendes Bildungsanliegen zwar zahlreiche Initiativen wie etwa Massahmen zur Förderung der Bildungssprache Deutsch, zur Leseförderung sowie zum Fremdsprachenlernen; Förderungen zum muttersprachlichen Unterricht und zum Minderheitenschulwesen findet man aber erst am Ende dieses Katalogs (vgl. https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulpraxis/ba/sprabi.html).

Darüber hinaus umfasst sprachliche Bildung das gesamte sprachliche Spektrum, also den Bereich der Erst-, Zweit-, Herkunfts- und Fremdsprachen sowie auch der Minderheitensprachen, für die es in Österreich aufgrund verfassungsrechtlicher Bestimmungen ein auf zweisprachiger Bildung basierendesMinderheitenschulwesen gibt. 

Etwas vollmundig heisst es da über die österreichischen Volksgruppen und deren Bereicherung mit jahrhundertelanger Tradition:

 

Das Schulsystem spielt dabei für eine kontinuierliche positive Entwicklung eine tragende Rolle. Auf Grundlage der Minderheitenschulgesetze werden neben Deutsch an zweisprachigen Schulen in Kärnten Slowenisch und im Burgenland (Burgenland-)Kroatisch sowie Ungarisch in annähernd gleichem Ausmass als Unterrichtssprache geführt (vgl. https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/schulpraxis/ba/sprabi.html).

 

Ein genauerer Blick über die Landesgrenze nach Österreich zeigt ein verzerrtes Bild. Mehrsprachigkeit existiert in Österreich realpolitisch nicht; es ist gesellschaftlich nicht verankert. Die Einheitssprache ist Deutsch. Im Unterschied zur Schweiz lassen sich einige Aspekte der Mehrsprachigkeit ausmachen, dafür muss aber immer das Bezugsfeld Schule und Unterricht herangezogen werden. Mehrsprachigkeit im Unterricht an Österreichs Schulen unterliegt im Wesentlichen vier Grundkategorien:

 

Kategorie 1: Deutsch als gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtssprache und zentrales Unterrichtsfach 

Kategorie 2: Traditioneller Fremdsprachenunterricht 

Kategorie 3: Sieben autochthone Minderheiten und ihre Sprachen 

Kategorie 4: Sprachen der MigrantInnen (d.h. Sprachen der allochthonen Minderheiten in Österreich)

 

Deutsch ist im österreichischen Schulwesen naturgemäss omnipräsent. Einerseits als die gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtssprache, aber auch als zentrales Unterrichtsfach per se. Ungeachtet der heterogenen Zusammensetzung in manchen Schulklassen wird die erstsprachliche Kompetenz des Deutschen als normativ gesehen, was im Deutschunterricht, aber auch in anderen Fächern für die mehrsprachigen Schülerinnen und Schüler, insbesondere in Ballungszentren sowie den Landeshauptstädten problematisch ist und letztlich zu sogenannten «Brennpunktschulen» (Schulen für Kinder mit besonderem sozialpädagogischen Förderbedarf, mehrheitlich im städtischen Bereich, mit Migrationshintergrund) führt. Volksinitiativen wie Eine (Fremd-) Sprache eines Nachbarlandes zuerst (vergleichbar mit Schweizer Landessprachen) sind in Österreich unbekannt. Mehrsprachigkeit in Österreich beschränkt sich im Wesentlichen auf zwei Bundesländer (Kantone) – Kärnten und Burgenland. In Kärnten ist die Volksgruppe der (Kärntner) Slowenen als solche und damit Slowenisch offiziell als Minderheitensprache anerkannt. Dasselbe gilt für Kroatisch bzw. Ungarisch im östlichsten Bundesland Österreichs, dem Burgenland. Als unverbindliche Übung bzw. Freifach werden mitunter Schulversuche im Rahmen von alternativem muttersprachlichen Unterricht (zu Deutsch) in Türkisch, Bosnisch und Serbo-Kroatisch angeboten. De Cilia hält dazu fest:

 

Gelegentlich wird versucht, Mehrsprachigkeit an Schulen in Kärnten und im Burgenland in den Unterricht einbeziehen und eine bilinguale Unterrichtsform zu erproben. […]
Oftmals jedoch wird das Angebot des muttersprachlichen Unterrichts im Rahmen der Unverbindlichen Übung als eine Unterstützung in der Entwicklung der Erstsprache angesehen. Doch führt weder die oftmals sehr geringe Wochenstundenanzahl noch die Abgrenzung des Erstsprachenunterrichts vom Regelunterricht zur Entfaltung der Sprachenvielfalt. (De Cilia, 2009:15-18)

 

Ein Blick nach Vorarlberg, in jenes Bundesland, das der Schweiz nicht nur sprachlich, sondern auch ethno-geographisch am nächsten liegt, zeigt als einzigen Indikator für Mehrsprachigkeit die Schulstatistik der Vorarlberger Volksschulen (Primarschulen). Im Schuljahr 2017/18 hatten 32,5 % der Kinder eine nichtdeutsche Umgangssprache. Der österreichische Durchschnitt lag bei 30,8 %. Im Bezirk Dornbirn war der Anteil der Kinder mit nichtdeutscher Umgangssprache im Schuljahr 2017/18 in Volksschulen mit 41 % am höchsten; gefolgt von dem Bezirk Bregenz mit 31 % und den Bezirken Feldkirch und Bludenz mit je 29 %. Ähnlich hoch waren auch die Anteile von Kindern mit nichtdeutscher Umgangssprache in den Vorarlberger Kindergärten im Kindergartenjahr 2018/19. Initiativen zur Förderung von Mehrsprachigkeit findet man im Vorarlberger Schulkontext nicht.

 

Bezirk

Bludenz

Bregenz

Dornbirn

Feldkirch

Anteil der Kinder mit einer anderen Umgangssprache als Deutsch in Volksschulen

29 %

31 %

41 %

29 %

Anteil der Kinder mit einer anderen Umgangssprache als Deutsch in Kindergärten

28 %

31 %

35 %

26 %

 

Abb. 2 Anteil der Kinder mit nicht-deutscher Umgangssprache in der Volksschulen und Kindergärten nach Bezirken (Schuljahr 2017/2018 bzw. Kindergartenjahr 2018/19) (https://www.okay-line.at/Wissen/aktuelle-zahlen-zu-migration-und-integration/sprachliche-vielfalt-in-vorarlberg.html)   

Für das Burgenland hat Buchholz (2012) in einer breit angelegten Studie zu Mehrsprachigkeit folgende Beobachtungen zusammengefasst: Mehrsprachigkeit wird von [nur] 42 % aller Lehrpersonen als wichtig erachtet. Nur, wenn Lehrpersonen die Fremdsprache selbst sprechen, kann davon ausgegangen werden, dass sie (die Lehrpersonen) die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler kennen. Deutsch ist die beliebteste Amtssprache der Kinder und Englisch ist die beliebteste Fremdsprache (Buchholz 2012:80-97). 

Für die österreichische Bundeshauptstadt Wien sieht De Cilia (2007) das Prestige ähnlich wie im Burgenland. Fremdsprachen sind beliebt, wenn auch nicht gleichermassen. Englisch oder Französisch gelten besorgten und sozial zumeist besser gestellten Eltern als Schlüssel für den späteren Erfolg. Türkisch oder Serbokroatisch hingegen verweisen auf «Kinder mit Migrationshintergrund» und damit als nicht erstrebenswert. De Cilia (2007) glaubt im Schweizer Modell der Mehrsprachigkeit ein praktikables Instrumentarium gefunden zu haben. Bildungspolitisch hält er einen Wechsel des Mehrsprachigkeitsparadigmas in Österreich nur dann für möglich, wenn die Pädagogik bzw. die Bildungspolitik konsequent die Gemeinsame Schule für alle (!) Zehn bis Vierzehnjährigen einführt. Dies scheint jedoch in Österreich keine Perspektive zu haben, denn die von der konservativen ÖVP (Österreichische Volkspartei) mehrheitlich dominierten mächtigen Länder (Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol, Steiermark, Vorarlberg) lehnen die Gesamtschule aus ideologischen Gründen ab. Sie bezichtigen die sozialdemokratisch regierten Länder (Kärnten, Salzburg, Burgenland) sowie die Stadt Wien, das Gymnasium zerschlagen zu wollen. In den Augen der Sozialdemokraten wiederum handelt es sich beim Gymnasium um ein Relikt einer elitären, ständestaatlichen Bildungseinrichtung. Eine Entscheidung über Bildungslaufbahn von Kindern im Alter von 9 bis 10 Jahren (am Ende der österreichischen Volksschulzeit) wird als viel zu früh angesehen. Bildung -- so die sozialdemokratische Sichtweise -- würde somit ausschliesslich vererbt. Auch die von der österreichischen Regierung mit viel (finanzieller) Unterstützung implementierten Deutschförderklassen (Sprachförderung -- ausschliesslich für Schüler mit Migrationshintergrund) scheinen im Unterricht dem Postulat der Mehrsprachigkeit entgegenzuwirken. Lehrkräfte berichten, dass die Klassen zu vielfach zu gross seien und häufig würden diese Förderklassen abschätzig als Sonderschulunterricht bezeichnet.

 

4.         Die English Only Bewegung in den USA

Sprache und Kultur sind eng mit dem Selbstverständnis verknüpft, das in einem Land vorherrscht. Dabei bilden die existierenden Sprachvarietäten nicht immer die sprachpolitische Realität ab. Die Situation in der Schweiz und in Österreich ist zumindest in ihren Ansätzen beschrieben worden. Sprachpolitik hängt auch mit Sprachprestige und nationalem Anspruch zusammen. In Europa im Allgemeinen und in der Schweiz bzw. in Österreich im Besonderen ist Mehrsprachigkeit ein Desiderat mit – wie oben beschrieben – unterschiedlicher Ausprägung und Akzeptanz.

Ein Blick in die USA ist deshalb spannend, weil die Ambivalenz, die dieses Land in der Frage der Sprachenpolitik und Mehrsprachigkeit kennzeichnet, auffällig ist. Europäer blicken oft neidisch über den grossen Teich, wenn sie immer wieder feststellen müssen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika -- kraft ihrer geschichtlichen Entwicklung -- einen beispielhaften Pragmatismus zeigen, wenn es um die Interessen des Landes geht. Viele Einwanderer haben aus Gründen nationalstaatlicher Enge ihre alte Heimat verlassen, um in Amerika genau jene nationalstaatlichen Denkmuster (wieder) vorzufinden, die sie dann als Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika vehement verteidigen.

Dieses einigende Band betrifft naturgemäss auch die amerikanische Sprache. Das ist für Amerikaner nicht Englisch, wie es die Europäer in Schule und Universität gelernt haben, sondern English of the United States of America oder einfach American English. Dennoch schwelt in den USA ein Sprachenkonflikt. Sinsheimer (2004) bezeichnet dies jedoch nicht als Sprachenkonflikt, sondern als ethnischen Konflikt. Dazu werden vorrangig zwei namhafte Proponenten ausgemacht: Der Linguist bzw. Lexikograph Noah Webster (1758-1843) und Samuel P. Huntington. Webster gilt quasi als Begründer einer eigenständigen amerikanischen Sprachvarietät:One God, One Nation, One Language. Man kann Webster im weitesten Sinne als den Nestor der English Only Bewegung ansehen. Die Absicht dahinter war klar: Amerika sollte ein englischsprachiges Land sein mit einer Nationalsprache, dem amerikanischen Englisch. Diese Sichtweise ist eng verknüpft mit dem allseits bekannten Anspruch America first.(vgl. https://connecticuthistory.org/noah-webster-and-the-dream-of-a-common-language/)

Der ehemalige Präsident der renommierten Harvard Universität, Samuel P. Huntington, ist der andere Vertreter der WASP first (White Anglo Saxon Protestant) -Kultur. 

Die erwähnte English-Only Bewegung wurde mit dem Anspruch gegründet, eben diese amerikanische Identität (als Antipode zur verhassten britischen bzw. europäischen Leitkultur) zu schaffen und zu bewahren. Dazu war jede Form von Mehrsprachigkeit oder bilingualem Unterricht unerwünscht, um die amerikanische Identität nicht zu unterwandern. The American language wurde somit in die amerikanische Verfassung aufgenommen als our sole national and official language (Fishman et al., 1985:58).

Die Forderungen der English Only Bewegung betonen gerne, nicht gegen Mehrsprachigkeit per se gerichtet zu sein; Ihre Ablehnung gilt vorrangig den Spanisch sprechenden Immigranten, mehrheitlich aus Mexiko, aber auch aus Kuba, Puerto Rico und anderen süd- und mittelamerikanischen Ländern. In Wahrheit steckt hinter dieser Bewegung natürlich ein unverhohlener Hegemonial-Anspruch. Von potentiellen Einwanderern in die USA wird verlangt, die eigene (ehemalige) Sprache und Kultur aufzugeben, um in den USA aufgenommen zu werden. Die Forderung von Huntington dazu ist unmissverständlich:

Damit Amerika in den heraufziehenden Stürmen der Zukunft nicht untergehen wird, ist es seiner Meinung nach notwendig, dass alle Amerikaner, die aus Afrika, Asien sowie aus Lateinamerika gekommen sind, sich als Amerikaner begreifen, was heisst, dass sie die Werte der angloprotestantischen Leitkultur befolgen. Feste Verankerung in der anglozentrischen Tradition, keine Politik der Zweisprachigkeit, kein multikulturelles Credo, Vertrauen in die Wertewelt der Evangelikalen, dies ist es, worauf es Huntington ankommt (vgl. Lehmann, 2005:11).

Dazu hält Sinsheimer (2004) fest, dass obwohl Englisch weltweit auf dem Vormarsch ist, sich in den Vereinigten Staaten die Angst breitmacht, American English könnte gefährdet sein. Eine plurilinguale Identität wird demnach als der nationalstaatlichen bzw.-sprachlichen Einheit zuwiderlaufend gesehen. Dabei ist es gerade das Beispiel der USA mit ihren multikulturellen und mehrsprachigen Ausprägungen zahlreicher Einwanderer auf dessen Prämisse dieses Land gebaut ist. 

Im Zuge der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre wurde der so genannte Bilingual Education Act verabschiedet, um die Einführung von bilingualem Unterricht zu gewährleisten und den Schülern der Minderheiten eine bessere Integration in das amerikanische Schulsystem zu ermöglichen. In der Post-Vietnam Ära entwickelte sich die English Plus Bewegung und schuf den Nährboden und das Verständnis fürsprachliche Vielfalt. Es war das erklärte Ziel dieser Bewegung, Mehrsprachigkeit als Bereicherung anzusehen. Bilingualer Unterricht bzw. Mehrsprachigkeit sind in den USA bis heute ein politisches Dauerthema und laufen häufig auf den sogenannten transitional bilingualism hinaus, um, wie die Bezeichnung suggeriert, die Assimilation an die amerikanische Sprache und Kultur zu beschleunigen und American English als Unterrichtssprache bzw. Erstsprache zu zementieren. 

 

It is absolutely wrong and against American concepts to have a bilingual education program that is now openly, admittedly dedicated to preserving their native language and never getting them adequate in English so they can go out into the job market and participate.(Crawford 1999:53)

 

Die urtypische amerikanische melting-pot Ideologie und die dazugehörige swim-or-sink practice hat in den Jahren 1994 und 1998 in Kalifornien zu zwei Volksabstimmungen (Propositions 187 und 227) mit Beschränkungen bei den sozialen Leistungen illegaler Einwanderer geführt. Darin wird Englisch zur Hauptunterrichtssprache an den Schulen gemacht, bevor die Einwanderer Unterricht in einer anderen Sprache erhalten. Mehrsprachiger Unterricht an Amerikas Schulen wird, wie dies die English Only Bewegung formuliert, immer noch von vielen Amerikanern als eine Bedrohung der nationalen Einheit gesehen und berührt somit die zutiefst amerikanischen Werte von Loyalität gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika (vgl. Sinsheimer, 2004). 

Die indigene Bevölkerungsgruppe Nordamerikas, die First Nation bzw. Native Americans, sind in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt worden. Eine vertiefte Betrachtung der amerikanischen Urbevölkerung würde den Rahmen des Aufsatzes sprengen. Zur Veranschaulichung der realen (Fremd-)Sprachensituation in den USA mit knapp 240 Millionen Englischsprechern soll u. a. die folgende Tabelle dienen. Darin scheinen die Sprachen der indigenen Bevölkerung (Native Americans) gar nicht (mehr) auf. Schätzungen zufolge liegt die Anzahl der Sprecher bei knapp 300,000, wovon die Navajos mit ca. 170,000 den grössten Teil ausmachen. 

 

Language

Number of speakers

Spanish 

41,460,427

Chinese (incl. Mandarin, Cantonese) 

3,471,604

Tagalog (incl. Filipino) 

1,760,468

Vietnamese 

1,542,473

Arabic 

1,259,118

French (incl. Cajun) 

1,232,173

Korean 

1,086,335

Russian 

919,279

German 

889,651

Hindi 

874,314

 

Abb. 3 Fremdsprachen in den Vereinigten Staaten von Amerika, ausser Englisch. Languages spoken (at home) other than English in the United States by number of speakers in 2018. (vgl. https://www.statista.com/statistics/183483/ranking-of-languages-spoken-at-home-in-the-us-in-2008/); Vgl. What Was, And What Is: Native American Languages In The US. (https://www.babbel.com/en/magazine/native-american-languages-in-the-us)

 

5.         Schlussfolgerungen und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich folgendes festhalten: die Schweiz scheint das Postulat der Mehrsprachigkeit am besten umzusetzen. Englisch gewinnt zunehmend an Bedeutung und wird häufig als Bedrohung für Italienisch und Rätoromanisch, aber vor allem für Französisch empfunden. Geprägt ist die Thematik Mehrsprachigkeit durch die wiederkehrende Forderung einer Beschränkung auf eine Fremdsprache in der Primarschule bzw. durch die Frage der Reihenfolge der Fremdsprachen. Im Unterschied zu Österreich aber muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass es sich hier um (offizielle) Landessprachen (Französisch, Italienisch, bzw. Romanisch) handelt. Die Schweizer scheinen ein gespaltenes Verhältnis zur Mehrsprachigkeit zu haben: Einerseits wird Mehrsprachigkeit -- mit (berechtigtem) Stolz -- als helvetisches Unikat in Europa gesehen, andererseits wird jedoch häufig eben diese Mehrsprachigkeit (insbesondere die schulische Forderung danach) als lästige Verpflichtung gesehen. In der Deutschschweiz betrifft dies vorrangig die Landessprachen Französisch und Italienisch, im Kanton Graubünden auch Rätoromanisch bzw. Rumantsch Grischun. In der Frankophonie scheint das Gespenst einer latenten «Germanisierungsangst» umzugehen (vgl. Altermatt, 2018). Die Forderung nach einem verstärkten Englischunterricht hat zu weiteren (bildungs-)politischen Diskussionen geführt, die noch länger präsent sein werden.

In Österreich existiert ausser Deutsch keine andere «offizielle» Landessprache. Der Aspekt der Mehrsprachigkeit beschränkt sich auf die Minderheitensprachen zweier Bundesländer -- Kärnten und Burgenland. Da in Österreich keine Initiativen zur Förderung der Nachbarsprachen (Italienisch, Ungarisch, Slowenisch, Slowakisch, bzw. Tschechisch) bestehen, ist die Position von Englisch als erster L2 quasi manifestiert. Der grosse Verlierer (zumindest auf Sekundarstufe 2 bzw. auf gymnasialer Ebene) ist Französisch, das vor noch nicht allzu langer Zeit curricular stark verankert war. Die meistgewählte zweite Fremdsprache ist mittlerweile Spanisch, welches besonders von Seiten der Wirtschaft verstärkt nachgefragt wird. Einigermassen betrüblich ist der Umstand, dass Italienisch, immerhin der drittwichtigste Exportmarkt und Nachbarland Österreichs, eine äusserst geringe Rolle spielt. Ein Spezifikum der Mehrsprachigkeitsdebatte in Österreich stellt darüber hinaus die Bildungspolitik dar, denn im Unterschied zur Schweiz, wird die Gemeinsame Schule für die zehn- bis vierzehnjährigen als zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Pädagogik gesehen.  Der Begriff Gemeinsame Schule bezeichnet einen nicht differenzierten Schultypus sozialdemokratischer Provenienz, im deutschen Sprachraum häufig «Gesamtschule» genannt, gegenüber dem klassischen gymnasialen Zweig, der als elitäre Bildungsinstitution mehrheitlich von Kindern konservativer Bevölkerungsteile besucht wird. Ob die klassenkämpferische Note für die Bildungs- bzw. Mehrsprachigkeitsdebatte förderlich ist, muss gleichermassen bezweifelt werden. Integrationsbestrebungen Türkisch zu einer «Quasi-Landessprache» zu machen und das Ablegen von Maturaprüfungen in der Muttersprache Türkisch anzubieten, wurden, wie zu erwarten war, von einer breiten Mehrheit abgelehnt.

Mehrsprachigkeit in den USA ist ein sprachpolitisches, aber vorrangig demographisches «Problem». Dies ist durch die erwähnte English Only Bewegung verstärkt worden und es ist bis zum heutigen Tag, trotz einiger Versuche (English Plus, Propositions 187 bzw. 227) Mehrsprachigkeit als Bereicherung zu sehen, ein politisches Streitthema geblieben. Im Gegensatz zu Europa, wo Spanisch eine aufstrebende Sprache darstellt, gilt Spanisch in den USA als Sprache der Hispanics, Latinos bzw. Chicanos – allesamt (tendenziell negative) Bezeichnungen in unterschiedlicher Ausprägung für eine ethnische Gruppe von Sprechern, die in den USA der Sprache der dominanten, anglozentrischen, weissen Elite nicht mächtig sind.

Ob letztlich die von gemässigter Seite geforderte Übergangsform des transitional bilingualism die Assimilation an die amerikanische Sprache und Kultur zu beschleunigen und sicherzustellen vermag, muss zum gegenwärtigen Zeitpunkt und der momentanen politischen Kultur zumindest bezweifelt werden.

 

6.         Literatur und Web-Quellen

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Zehender, M. (2017). https://www.matthiaszehnder.ch/wochenkommentar/mehrsprachigkeit

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