Standeskanzlei Graubünden, Übersetzungsdienst

Der Übersetzungsdienst als wichtiger Sprachförderer

Der Übersetzungsdienst des Kantons Graubünden, eine Abteilung der Standeskanzlei, hat bei der Vermittlung zwischen den drei Kantonssprachen eine wichtige Rolle inne. Er ist mit insgesamt 600 Stellenprozenten (4 Vollzeitstellen, 4 Teilzeitstellen) für Übersetzungen und einer 50 %-Stelle für Terminologie Romanisch ausgestattet. 2018 wurden 2’977 Aufträge ausgeführt (1'260 Romanisch, 1'717 Italienisch), wobei ein Auftrag zwischen einer halben Seite und über 490 Seiten (Lehrplan 21 GR) lang sein kann. Insgesamt wurden über 2 Millionen Wörter (2'206'470 / 1'001'044 Romanisch, 1'205'426 Italienisch) übersetzt, also gut 300'000 Wörter pro Vollzeitstelle. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass das Übersetzungsteam Texte verschiedenster Qualität und Komplexität zu bearbeiten hat. Die Palette reicht von der Übersetzung einer einfachen Einladung zu einer Medienorientierung über Rechtstexte bis hin zu Sachtexten wie z. B. dem Lehrplan 21 Graubünden.

Das Foto zeigt einen der  Übersetzer, Fabian Huonder, bei der Arbeit mit dem Übersetzungsprogramm SDL Trados Studio 2019.

 

Übersetzt wird vor allem vom Deutschen ins Italienische und ins Rumantsch Grischun, seit 1997 das offizielle Romanisch des Kantons Graubünden (wie auch des Bundes). Fürs Romanische wurde vorher mit den Idiomen Vallader und Sursilvan gearbeitet. In die umgekehrte Richtung, d.h. vom Italienischen und Romanischen ins Deutsche, wird öfters fürs Italienische, selten fürs Romanische übersetzt. Auf speziellen Wunsch der Regierung werden ab und zu einzelne Texte (z.B. für eine Rede anlässlich einer Feier) in die Idiome Puter (Oberengadin), Vallader (Unterengadin) und Sursilvan (Oberland) übersetzt.

 

Die rechtliche Grundlage für den Übersetzungsdienst bilden das Sprachengesetz (BR 492.100) und die Sprachenverordnung (BR 492.110) des Kantons Graubünden. Darin sind u.a. die folgenden Punkte geregelt:

  • Jede Einwohnerin und jeder Einwohner in Graubünden hat das Recht, seine Korrespondenz mit der kantonalen Verwaltung in seiner Muttersprache zu führen, sofern es sich bei seiner Muttersprache um eine Kantonssprache handelt. Die einzelnen Abteilungen der Verwaltung können ihre Briefe vom Übersetzungsdienst in die jeweilige Sprache übertragen lassen, sofern sie nicht selber über Personal verfügen, das die Zielsprachen Rumantsch Grischun und Italienisch beherrscht. Übersetzt wird gemäss der Gesetzesgrundlage in Rumantsch Grischun, ins Italienische und allenfalls ins Deutsche.
  • Dasselbe gilt sinngemäss im Umgang mit den Gemeindebehörden.
  • Praktisch sämtliche Pressemeldungen und Medienorientierungen werden in den drei kantonalen Amtssprachen verbreitet.
  • Übersetzt werden auch die Grundlagen zu Vernehmlassungen vom Deutschen ins Rumantsch Grischun und ins Italienische.
  • Einen wichtigen Bereich im Übersetzungsalltag stellt die Vorbereitung der Abstimmungsunterlagen dar, die in Deutsch, Italienisch und seit Juli 2001 in Rumantsch Grischun abgegeben werden müssen. Vor der entsprechenden Gesetzesänderung galt es, die romanischen Unterlagen in Vallader und Sursilvan zu übersetzen. 
  • Der Übersetzungsdienst hat die Pflicht, das bündnerische Rechtsbuch in den Kantonssprachen Romanisch und Italienisch nachzuführen. 
  • Zu übersetzen sind die Berichte der verschiedenen Dienststellen, so etwa die Meldungen über die Schadstoffbelastungen.
  • Sämtliche parlamentarischen Vorstösse werden übersetzt.
  • Regierungsbeschlüsse werden folgendermassen übersetzt: betreffen sie eine romanische Gemeinde ins Romanische, betreffen sie eine italienische Gemeinde ins Italienische.
  • Und schliesslich werden noch die Publikationen für das kantonale Amtsblatt in die Kantonssprachen übertragen.
  • Im Auftrag der Eidgenossenschaft übersetzt der Übersetzungsdienst auch die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen und weitere Texte (z.B. für die Website ch.ch, die Publikation „Der Bund kurz erklärt“, die Pop-Ups für swisstopo, ausgewählte Gesetze, die ebenfalls periodisch nachgeführt werden) ins Rumantsch Grischun, was gegen 30 % der romanischen Übersetzungsarbeit ausmacht. 

Eine weitere wichtige Aufgabe des Übersetzungsdienstes stellt die Nachführung und Erweiterung der inzwischen gut erarbeiteten Terminologie-Datenbanken dar. Es handelt sich dabei für das Romanisch um die Schöpfung und Vereinheitlichung von komplexen Fachbegriffen (wofür im Rahmen des eidg. Sprachengesetzes [SR 441.1], das am 1. Januar 2010 in Kraft trat, 2012 speziell die 50 %-Stelle Terminologie geschaffen wurde) und für das Italienisch um die Abgleichung der Bündner Terminologie mit jener des Tessins und des Bundes (termdat.ch). Der Übersetzungsdienst arbeitet dabei mit den Übersetzungsteams des Bundes und der anderen mehrsprachigen Kantone zusammen, die ihrerseits wiederum mit europäischen Übersetzungsstellen im Kontakt stehen.

 

Seit dem Jahr 2011 werden alle Gesetzestexte, die neu geschaffen oder revidiert werden, vom Übersetzungsdienst vorab einer sprachlichen Qualitätsprüfung in Deutsch unterzogen, bevor sie in die Übersetzung gegeben werden.

 

Damit die gesamte Übersetzungsarbeit bewältigt werden kann, arbeitet der Übersetzungsdienst seit 2002 mit dem Übersetzungsprogramm SDL Trados. Das Tool bereitet die Texte vor und macht auf der Grundlage früherer Übersetzungen Vorschläge, die übernommen werden können. Zugleich wird in einem Zusatzprogramm (Multiterm) eine Datenbank mit Fachbegriffen aufgefüllt.

 

Der Übersetzungsdienst bietet auch Praktikumsstellen an, wo künftige Übersetzerinnen und Übersetzer sich in die Tätigkeit des Übersetzens einarbeiten können.

 

Mehrsprachigkeit Graubünden